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Braucht es das noch - oder kann das weg?

14. März 2023
Auch im kirchlichen Bereich gibt es Statistiken, angefangen über Kirchenein- und -austritte, Beerdigungen, Taufen, Priesterweihen und Hochzeiten.

So gibt es auch die Zahlen, die belegen, was wir schon längst wissen: das Sakrament der Versöhnung (die Beichte) hat in den letzten Jahrzehnten den grössten Verlust erlitten. Die angebotenen Beichtzeiten sind von wöchentlich auf ein paar Mal im Jahr vor den grossen Festen geschrumpft. Beichtstühle sind meist Abstellräume für Bücher oder Putzgerätschaften geworden. Wenn ich mit Menschen über dieses Sakrament spreche, sind die Erfahrungen immer ähnlich. Man erzählt von den «Beichtzetteln», die man erstellt hat, nachdem man den «Beichtspiegel» durchgearbeitet hat, man erzählt von dem «erlösenden Gefühl», wenn man es endlich hinter sich hatte, man erzählt von schlechten Erfahrungen, die manchmal sogar manipulativ bis ins Schlafzimmer gereicht haben. Ausser einer moralischen Überprüfung des eigenen Verhaltens hat es für viele keinen Sinn mehr und dafür braucht es keinen Beichtstuhl.

Es sind viele Faktoren, die dazu geführt haben, dass das Thema Beichte bei den meisten Katholikinnen und Katholiken keine Rolle mehr spielt, und man braucht nicht zu verheimlichen, dass die Kirche an dieser Entwicklung nicht unschuldig ist. Nun stellt sich so bei manchen die Frage – brauchts das noch – oder kann das weg? Tatsächlich gibt es Pfarreien, die dieses Sakrament aus dem «Programm» gestrichen haben, oder nur noch Schüler jahrgangsweise zum Beichten einladen. Dabei ist das Sakrament der Versöhnung kein «Kindersakrament», sondern ein wertvoller Moment, das eigene Leben, sich selbst, immer wieder ins Licht Gottes zu stellen. Es geht nicht primär darum: «Was habe ich Böses getan», sondern die Frage: «Warum habe ich es getan», wonach sehnt sich meine Seele und wie gehe ich mit dieser Sehnsucht um, welche falschen Wege/ Taten/Gedanken gehe ich, wo braucht meine Seele Heilung und Liebe? Das Sakrament der Versöhnung ist hier nicht als Gericht zu verstehen, in dem mein Verhalten von Gott verurteilt wird, sondern als ein Moment der Heilung, der Vergebung und des Neuanfangs. Der Zuspruch der Vergebung und das Aufgerichtetwerden sind intensive Momente, die uns helfen können, den Weg mit Gott zu vertiefen.

Nicht nur in der Fastenzeit sind wir aufgerufen, umzukehren und über unser Leben nachzudenken. Das Wort «Umkehren» bedeutet auch, sich Gott hinzuwenden und je näher wir ihm kommen, umso mehr spüren wir die Sehnsucht nach seiner Vergebung und seinem hör- und spürbaren Ja zu uns. Das dürfen wir ganz persönlich in diesem Sakrament erfahren. Deswegen mein Votum: Ja, das braucht es noch!

Simone Zierof