Das hat sich doch alles einer ausgedacht …

Vor allem dann, wenn wir das Thema «Bibel» behandeln. Von Manipulation, Fake und manchem mehr ist dann da die Rede. Und wenn ich ehrlich bin: Ich bin dann immer etwas hin und her gerissen. Denn ich finde es wichtig, die Grundsatzfragen zum Wesen der Bibel und damit zum Glauben selbst zu stellen. Nur oft fehlt dann die Bereitschaft der Schülerinnen und Schüler, sich fürs eigenständige Nachdenken, Überlegen und Überprüfen so manch eines Pauschalurteils begeistern zu lassen und so die Wahrheit in all den Glaubensgeschichten der Bibel zu entdecken.
«Das hat sich doch alles einer ausgedacht, um uns zu manipulieren.» Beim Hören all der Osterevangelien in den vergangenen Wochen ist mir dieser Satz wieder in den Sinn gekommen. Gerade die Auferstehung Jesu ist es ja, auf der unser christlicher Glaube vor allem aufbaut und um die sich alles dreht. Und gerade für die gibt es ja bekanntlich keinen «Beweis.» Wie können wir also sicher gehen, dass wir nicht doch an der Nase herumgeführt werden?
Eine Antwort liegt gerade in genau diesen Osterevangelien, beziehungsweise in den Begegnungen mit dem Auferstandenen. Wie «ist» denn dieser auferstandene Jesus? Bei Matthäus hören wir nur, dass Jesus den Frauen und später den elf Jüngern begegnet. Wie er aussieht, wird nicht näher beschrieben. Für sie ist aber klar, dass er es ist. Bei Markus tönt es ähnlich kurz und knapp. Lukas beschreibt dagegen mehr. Er erzählt ausführlich von der Begegnung der Emmaus-Jünger mit Jesus, die ihn aber interessanterweise nicht an seinem äusseren Erscheinungsbild erkennen, sondern erst als er ihnen das Brot bricht. Als die beiden in Jerusalem den anderen das erzählen, steht Jesus plötzlich selbst in ihrer Mitte. Sie denken, er sei ein Geist. Erst als er ihnen sein Fleisch und seine Knochen zeigt und vor ihren Augen isst, glauben sie, dass er wirklich da ist. Ganz anders ist wieder die besondere, intime Szene mit Maria Magdalena. Am leeren Grab hält Maria den Auferstandenen für den Gärtner, offenbar weil er völlig anders aussieht. Erst durch die Art, wie er mit ihr redet, erkennt sie ihn. Doch am selben Tag und noch einmal eine Woche später begegnet Jesus seinen Jüngern in seinem bekannten Äusseren und weist sich durch seine Wunden aus, die anders als im Garten jetzt offenbar sichtbar sind. Und schliesslich ist da noch die Offenbarung am See Tiberias, wo er wieder in einer anderen Gestalt erscheint und die Jünger ihn am Ende nicht an seinem Äusseren, sondern allein an der Gemeinschaft und anhand der Situation des reichen Fischfangs erkennen.
Also was denn jetzt? Mit Wunden oder ohne – in seiner alten Gestalt oder mit völlig anderem, äusserem Erscheinungsbild? Für mich ist es gerade diese grosse Vielfalt der Erzählungen allein in den Evangelien, die mir zeigen, dass das nicht einfach
jemand nur schlau erfunden hat. Denn: Gerade diese grossen Unterschiede und die damit verbundene Unsicherheit machen für mich die Zeugnisse glaubhaft. Wären sie nur konstruiert und von einer Person ausgedacht, hätte diese sich doch wohl um mehr Übereinstimmung der Zeugenberichte bemüht und nicht so viele Ungereimtheiten hinterlassen.
Nur: Warum macht es Jesus uns aber offenbar als Auferstandener so schwierig, ihn zu erkennen? Vielleicht ja aus zwei Gründen: Zum einen, weil das, was Auferstehung ist, für uns unbegreiflich bleibt, bis wir sie selbst erleben. Und zum anderen, weil er uns auf die Art begegnen will, wie es für unseren Glauben richtig und wichtig ist. Halten wir Ausschau nach ihm – noch heute. Allerdings müssen wir uns dann auch fragen, woran wir ihn wohl erkennen würden …