Fastenzeit

Dass das Wort und vor allem das Tun aus der Religion kommt, gerät immer mehr in Vergessenheit. Dabei ist das Wort «Fasten» ursprünglich ein religiöser Begriff und bedeutet so viel wie: «an den Geboten der Enthaltsamkeit festhalten», dem «festsein», «festhalten, streng beobachten, bewachen.» Dass die Fastenzeit heute in unserem Kalender auftaucht, verdanken wir einer langen Tradition, die noch älter ist als das Christentum selbst. Im Judentum und grundsätzlich in der Antike gehörte das Fasten zum Leben dazu. Im Judentum war es üblich, am Versöhnungstag zu fasten, dazu als fromme Übung zweimal in der Woche. Wenn es ein Staatsproblem zu lösen galt, wurde ein allgemeines Fasten für alle ausgerufen, um inständig um Gottes Hilfe zu bitten. Gott und Politik, Leben und Glauben, Körper und Geist, all das war untrennbar miteinander verbunden. Fasten war flehendes Gebet, mit Leib und Seele. Ganzheitlich würden wir heute sagen. So flehte das ganze Volk, eben fastend und betend, um Gottes Hilfe.
Auch im Neuen Testament begegnet uns das Fasten immer wieder. Jesus beginnt sein öffentliches Wirken, nachdem er 40 Tage in der Wüste gefastet hatte, es entstehen Konflikte zwischen den Jüngern, die nicht fasten und den Pharisäern oder auch die Regeln, die Jesus für das Fasten gibt: «Wenn ihr fastet, dann macht kein finsteres Gesicht…».
Die junge Kirche übernahm die geistliche Übung des Fastens als Vorbereitung auf die Handauflegung oder den Sakramentenempfang (Täufling und Täufer). Im Gedenken an das Leiden Jesu fastete man mittwochs und freitags. Eine vorösterliche Fastenzeit entwickelte sich von drei Tagen, über die Karwoche, hin zu den 40 Tagen (seit dem 3. Jhdt), die wir heute kennen. Was Fasten bedeutete, wurde unterschiedlich gedeutet: Nichts essen und trinken bis um 15 Uhr, Benedikt forderte einen Verzicht bis zum Abend. Manche Mönche verschärften die Regel für ihr Leben und assen nur noch jeden zweiten Tag und in der Fastenzeit sogar nur am Wochenende. Oder es gab strenge Regeln, was man essen durfte und was nicht. Verzichtet wurde auf Fleisch, Eier, Alkohol, Milchprodukte.
Ein bisschen davon hat sich bis in die heutige Zeit erhalten, so erinnern wir uns vielleicht noch daran, dass man am Freitag kein Fleisch isst. Wirkliche Fasttage finden wir in unserem Kalender nur noch am Aschermittwoch und Karfreitag. Das körperliche Fasten ist fast vollständig in den Hintergrund getreten, dafür ist das Thema «Teilen» in den Vordergrund gekommen. Hilfswerke wie die «Fastenaktion» kommen in den Wochen vor Ostern verstärkt zu Wort.
Dieser Blick in die Welt, in Themen wie soziale Gerechtigkeit, Umweltschutz, Menschenhandel, ist wichtig. Doch dürfen wir neben diesem Blick nach aussen den Blick nach innen nicht vernachlässigen. Denn Almosen geben, Beten und Fasten gehören zusammen.
Der Aschermittwoch läutet eine andere Zeit ein, die ruhiger, leerer, offener sein darf. Eine Zeit, die sich bewusst auf Christus ausrichtet, ganzheitlich mit Gebet und Fasten und auf den Nächsten, durch unsere Solidarität. Wie werden Sie in diese Zeit starten?