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Frieden - ein grosses Geschenk und eine grosse Aufgabe

19. Dezember 2023
«Friede auf Erden allen Menschen seines Wohlgefallens» – so verkünden es die Engel in der Heiligen Nacht.

Nicht an die Regierungsleute, an Menschen mit Macht und Einfluss ging diese Botschaft, sondern an unbedeutende Hirten bei der Nachtwache auf dem Feld. Was mögen sie empfunden haben, als sie den Ruf aus dem Himmel hörten? «Ist das wirklich wahr – sind wir angesprochen, werden wir wahrgenommen, da sonst niemand etwas von uns wissen will?» In ihrem Alltag wird sich kaum viel verändert haben, weiterhin wurden sie von ihren Herren abschätzig behandelt und ungerecht entlöhnt. Aber diese Erfahrung, dass Gott nicht bei  den Reichen, sondern bei den einfachen und armen Menschen sein will, war für sie ein grosses Glück, und mehr noch eine unbeschreibliche Freude! Das Glück dieser Nacht werden sie mit in ihren eintönigen Alltag genommen haben, denn wenn Menschen echten Frieden erfahren, kann dies ihr ganzes Leben verändern.

Unser Weihnachtsfriede

Zu den wichtigsten Anliegen an Weihnachten gehört auch für uns der Wunsch nach Frieden. Wobei dieser nicht ganz einfach zu erklären ist, es ist wohl eine Sammlung von Einzelwünschen: Vor allem in der Familie wollen wir in guter Atmosphäre, frei von Streitereien zusammensein und feiern können. Und wenn wir Familienmitgliedern begegnen, mit denen wir nicht spannungsfrei verbunden sind, so hoffen wir auf den gegenseitigen guten Willen, dass an Weihnachten davon nichts spürbar wird. Aber es soll nicht einfach ein Waffenstillstand sein, sondern hoffentlich der Anfang eines neuen Weges. Weiter möchten wir in diesen Tagen nicht alle Nachrichten von den schrecklichen Zuständen überall auf der Welt hören. Das ist auch verständlich; wir brauchen Zeiten und Orte, wo unser Leben harmonisch und glücklich verläuft; das gibt uns die Kraft, im Alltag das Unerfreuliche und Belastende dieser Welt auszuhalten. Wir spüren aber auch, sich an Weihnachten nur in einen geschützten Raum zurückzuziehen, ist noch kein Einsatz für den Frieden.

Friedensgeschichten

Aus dem 1. Weltkrieg ist ein Vorfall überliefert, wie der Friedenswunsch Menschen verändern kann. In Frankreich liegen sich im Dezember 1914 französische und deutsche Kampfverbände gegenüber. Am Weihnachtsabend ertönt in beiden Lagern Weihnachtsmusik. Ein deutscher Operntenor beschliesst, für seine Kameraden zu singen. Er steigt auf den Rand des Schützengrabens und schreitet singend auf die gegnerischen Linien zu. Das wird mit Applaus begrüsst und es kommt zu Verbrüderungsszenen. Die Kommandanten beider Seiten beschliessen, für kurze Zeit die Kampfhandlungen einzustellen, um Weihnachten zu feiern. Im Anschluss werden alle beteiligten Wehrmänner von ihren Vorgesetzten für ihr eigenmächtiges Vorgehen zur Rechenschaft gezogen und strafversetzt.
Ein anderes Beispiel: Daniel Barenboim, der berühmte jüdische Dirigent, hat mit israelischen und palästinensischen Jugendlichen ein Orchester gegründet und spielt auf verschiedenen Bühnen der Welt. Nicht überall sind sie willkommen, wenn Freund und Feind plötzlich nicht mehr sauber getrennt sind. Aber nur so geht Friedensarbeit: Wenn Gräben überwunden werden, wenn Verfeindete aufeinander zugehen und ihre Einstellung ändern und entdecken, dass ein anderer Umgang möglich ist.

Gedanken des Friedens

Die «Offene Kirche» am 1. Adventssonntag in der Pfarrkirche war auch dem Thema Frieden gewidmet. Verschiedene Zitate riefen uns in Erinnerung, wie Frieden entstehen und gelingen kann – einige Aussagen: «Frieden ist nicht alles, aber ohne Frieden ist alles nichts.» (Willy Brandt). «Friede beginnt mit einem Lächeln. Lächle fünfmal am Tag einem Menschen zu, dem du gar nicht zulächeln willst. Tue es um des Friedens willen.» (Mutter Teresa). «Ein wahrhaftiger Friede ist nicht durch das Fehlen von Spannungen, sondern durch die Vorherrschaft der Gerechtigkeit ausgezeichnet.» (Martin Luther King). «Wenn die Macht der Liebe die Liebe zur Macht übersteigt, erst dann werde die Welt endlich wissen, was Frieden heisst.» (Jimmy Hendrix). «Eine Voraussetzung für den Frieden ist der Respekt vor dem Anderssein und vor der Vielfältigkeit des Lebens.» (Dalai Lama).
Weihnachten weist uns auf die Aufgabe des Friedens hin, aber zuerst ist es eine Einladung: Uns ist der Friede aus dem Himmel geschenkt! Und wir dürfen diesen Frieden verkünden und weiterschenken.

Matthias Rupper