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Nahrung, die am Leben hält

22. August 2024
Meine Freundin bekam Ende Juli ein Baby. So ein ganz kleines, zerbrechliches Exemplar. Nur etwa 2500 Gramm.

Als ich das Baby das erste Mal auf dem Arm hatte, musste ich unwillkürlich an die Geburt unserer eigenen Kinder denken; daran, als man mir nach getaner Arbeit die frischen Wesen auf den Bauch legte, die erst ein paar Atemzüge alt waren. Instinktiv streckten sie sich aus nach der Brust und suchten nach dem  ersten Schluck Milch. Das Thema Essen und Trinken begleitet uns vom ersten Schluck Milch, den wir gierig in uns aufsaugen bis zum letzten Schluck Wasser, mit dem wir unseren Sterbenden die Lippen benetzen.

Nahrung ist für uns selbstverständlich und immer verfügbar, die Mahlzeiten strukturieren unseren Tag und die Zeiten in der Familie. Ohne Nahrung, ohne Wasser können wir nicht sein. Wir wissen, wo kein Wasser ist und keine Nahrung, da ist der Tod, da verwüstet Land, da flieht das Leben. Das Thema Nahrung zieht sich auch durch die ganze Bibel. Da wird dem gerade frisch erschaffenen Menschen die Erde übergeben, mit all den Pflanzen und Bäumen, damit der Mensch davon essen kann. Gott gibt und der Mensch empfängt. Auch Jesus benutzt das Essen, das Bild vom Mahl, um die Vollendung, sein Reich im Himmel zu beschreiben, wenn er uns verheisst, dass wir in der Ewigkeit mit IHM, an seinem Tisch Mahl halten werden.

In den letzten Wochen ist uns das Thema Brot immer wieder in den Gottesdiensten begegnet. Jesus, der von sich selbst sagt, dass er das «lebendige Brot» ist, dass dem, der es isst, die Ewigkeit verspricht. Dass es nicht um profanes Brot, sondern um etwas Heiliges geht, ist uns wohl allen bewusst. Jesus greift das Bild der himmlischen Nahrung auf und deutet es auf sich selbst. Er verdichtet das Alltägliche zu einer Begegnung, zum Gemeinschaft haben, mit Ihm.

Eine andere Brotgeschichte können wir im Buch der Könige nachlesen. Elija der Prophet, der mutlos, frustriert und entkräftet sich unter den Ginsterbusch legt, um zu sterben. Vom Gottesboten bekommt er zweimal Brot und Wasser gebracht, die ihn stärken und motivieren, seinen Weg durch die Wüste weiterzugehen. Diese Geschichte nimmt uns in eine typische Krise hinein, eine Situation, die wir vielleicht auch aus dem eigenen Leben kennen, weil wir selbst betroffen sind oder Personen kennen, die sich so fühlen. Auch hier kommen die irdische Nahrung und der himmlische Segen zusammen.

Wenn uns Menschen in solch einer Situation begegnen, verhalten wir uns oft wie der Engel in der Geschichte. Wir bringen Nahrung, die einen Mehrwert hat. Trauernden bringen wir etwas zu essen, weil sie oft vor lauter Traurigkeit das Essen vergessen. Wenn wir eine schlimme Nachricht überbringen, dann sagen wir: Setz dich hin und trink erst mal einen Schluck Wasser. Kranken bringen wir Schokolade, weil wir wissen, dass in dieser Geste mehr liegt als Kalorien aus Fett und Kohlenhydraten. Und manchmal muss man erst mal miteinander einen Schnaps trinken, um etwas zu «verdauen». Wenn Jesus von sich selbst sagt: «Ich bin das lebendige Wasser» und «Ich bin das Brot des Lebens», dann darf uns das daran erinnern, dass ER es wirklich ist, der uns das Leben schenkt, uns erhält und stärkt und segnet.

Im Gottesdienst feiern wir das «verdichtet», was über unserem ganzen Leben steht und was Romano Guardini in einem Gebet festgehalten hat: «Immerfort empfange ich mich aus deiner Hand. Das ist meine Wahrheit und meine Freude».

 

Simone Zierof