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Vom Simon zum Petrus

13. September 2023
Ich denke, die Leseordnung der Sonntagstexte ist kein Zufall, denn immer wieder rückt er und seine Person neben Jesus ins Zentrum der Ereignisse: fragend, staunend, zweifelnd, bezeugend und gedemütigt.

Kein anderer der Apostel wird uns so nah und charakteristisch vorgestellt, bei keinem anderen können wir eine geistliche Entwicklung beobachten wie bei Simon. Das, was Petrus mit Jesus erlebt, macht etwas mit ihm, so wie es auch etwas mit uns macht, wenn wir mit Jesus auf dem Weg sind. Es sind Prozesse, wenn man es so sagen mag, geistliche Schritte auf der Suche nach Gott.
Simon ist schon 16 Kapitel (Matthäusevangelium) mit Jesus unterwegs, eine Zeit, in der er zusieht, was Jesus tut und hört, was er sagt. Dann kommt der Moment (Mt 17,1-9), in dem Jesus ihn auf den Tabor mitnimmt. Dort sieht er Jesus nicht mehr nur mit seinen Augen, sondern er sieht ihn mit seinem Herzen, er sieht Jesus im göttlichen Licht. Zu gerne hätte er diesen Moment festgehalten, als er vorschlug, Hütten zu bauen. Aber, diese Begegnung war eben nur ein Moment… Manchmal passiert es uns, dass wir solche Momente geschenkt bekommen, lichte Momente, die unser Herz mit einer grossen Sehnsucht zurücklassen. Das sind wirklich Geschenke der Gnade. Das kann man nicht «machen» – sondern nur darum bitten, und man sollte nicht der Versuchung erliegen, diese Momente festhalten zu wollen, denn es sind eben «nur» Lichtblicke, die uns einen kleinen Einblick in Gottes Herrlichkeit schenken, aber gestärkt in den Alltag senden. Dann, am nächsten Sonntag, die wunderbare Geschichte, in der Simon aus eigener Kraft versucht über das Wasser zu laufen (Mt 14,22-33) und sein Glaube an Jesus ins Wanken kommt, er untergeht, und an diesem Punkt erkennt er und schreit: Herr, rette mich. Am existentiellen Tiefpunkt angekommen, spricht er das ehrlichste Gebet – Herr rette mich. Glaube geht in die Existenz, es braucht die Erkenntnis, dass Jesus unser Retter ist, dass er uns rettet – aus Schuld und Tod. Das tut Jesus auch, indem er Simon aus dem Wasser zieht. Die Erkenntnis, die in der Tiefe der Seele geboren wurde, spricht Simon aus: Du bist der Sohn Gottes, ohne dich bin ich verloren.

Wie oft versuchen wir aus eigener Kraft Dinge zu tun, die unsere Macht übersteigen oder versuchen dort zu gehen, wo es keinen Halt gibt? Die Zusage des Namen Jesus: Gott rettet, das ist der Glaube, der Boden, der uns hält. Aus dieser Erfahrung heraus entsteht eine neue Identität. Denn Jesus fragt ihn (Mt 16,13-20): Du Simon, für wen hältst du mich? Und Simon antwortet: Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes. Jesus antwortet: Du bist Simon, der Fels, Gott hat dir dies offenbart! Diese Zusage beruht auf der Gottesbeziehung, Gott hat sich ihm offenbart und Petrus die Augen geöffnet, wer dieser Jesus ist. Auf diese Beziehung will Jesus sein Gottes-Reich in ihm aufbauen. Auch wir sollten uns immer mehr und tiefer auf die Suche nach der Beziehung mit Gott machen, denn das ist der Fels, aus dem wir leben, diese Beziehung schenkt die «Schlüssel des Himmelreiches».

Dann steht Petrus daneben (Mt 16,21-27), als Jesus seinen Tod ankündigt und nimmt ihn zur Seite und widerspricht ihm:«Das darf nicht geschehen». In harten Worten macht Jesus ihm deutlich: «Hinter mich Satan.» Auch wenn wir die Reaktion des Petrus verstehen, der seinen Meister nicht tot sehen will, macht Jesus klar, dass es um seinen Willen, um Gottes Willen geht. Die Versuchung ist gross, dass wir im Alltag «Jesus überholen» und unseren Willen vor seinen stellen. Das Wort Satan mag uns daran erinnern, dass die Gefahr gross ist, dass wenn wir Christus aus dem Blick verlieren, wir den guten Weg verlassen.

Der Weg Petri geht im Evangelium noch weiter, und obwohl er den Tabor erlebt hat, Christus ihn aus dem Wasser zog, er mit seinem Herzen und Verstand bekannt hat, du bist der Messias, fällt er trotzdem immer wieder. Immer wieder ist er, wie wir auch, auf die Gnade Gottes angewiesen. Trotz seines grossen Verrats am Karfreitag wurde er von Christus aufgerichtet und sein dreimaliges: «Herr, du weisst alles, du weisst, dass ich dich liebe  (Joh 21,15ff)» machte ihn zum Felsen, auf den das Reich Gottes gegründet wurde. Das darf uns doch Hoffnung machen, dass auch wir mit unserer Kraft und unseren Glaubensrealitäten auf dem Weg sein können, in unserem Suchen, Streben und Scheitern begleitet und gehalten sind, durch die Gnade Gottes.

Simone Zierof